Im Nachgang der ersten Synodalversammlung des Synodalen Weges haben wir das Gespräch mit Gregor Podschun gesucht. Der Dreißigjährige ist BDKJ-Vorsitzender im Erzbistum Berlin und Mitglied der Vollversammlung des Diözesanrats.
1. Wie war die Stimmung bei der ersten Synodalversammlung?
Ich habe die Stimmung der ersten Synodalversammlung als freudig-erwartungsvoll wahrgenommen. Es gab einen sehr intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten, ein großes Interesse füreinander und viele Möglichkeiten auch persönlich ins Gespräch zu kommen. Ich bin dankbar für die Offenheit und Ehrlichkeit der Wortmeldungen und auch für den Mut mancher Teilnehmer*innen, unbequeme und schwierige Dinge öffentlich auszusprechen. ich habe eine große Bereitschaft wahrgenommen miteinander an den Themen des Synodalen Weges zu arbeiten. Fast alle Teilnehmer*innen möchten Veränderungen in der katholischen Kirche vorantreiben und gemeinsam nach dem richtigen Weg suchen. Ich bin hoffnungsvoll und erwartungsvoll auf den kommenden Prozess nach Hause gefahren.
2. Welche Begegnung blieb Ihnen besonders in Erinnerung?
Besonders bewegt haben mich zwei Wortmeldungen von jungen Menschen im Plenum. Zum einen Mara Klein, die allen Teilnehmer*innen vor Augen geführt hat, dass der Grund für den Synodalen Weg der Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche ist, der nach wie vor anhält. Sie hat der Versammlung nochmals deutlich gemacht, dass bereits seit vielen Jahren bekannt ist, dass Machtstrukturen der katholischen Kirche Missbrauch begünstigen. Ein zweiter Redebeitrag hat mich betroffen gemacht und emotional stark berührt: Janosch Roggel hat sich als Trans-Mensch in der Synodalversammlung positioniert und sich in der Rolle als Betroffener von sexualisierter Gewalt geäußert. Dies war unglaublich mutig und er hat dafür viel Anerkennung von der Versammlung erhalten. Der persönliche Austausch mit beiden hat mir gezeigt, wie richtig sie in der Versammlung sind und wie wertvoll die Beteiligung von jungen Lai*innen ist.
3. Was hat die Kritik von Kardinal Woelki im Nachgang bei Ihnen ausgelöst?
Ich habe mich über Kardinal Woelkis Interview geärgert, wobei es mich nicht unbedingt überrascht hat. Bereits in der Versammlung wurde deutlich, dass er und eine wenige andere Bischöfe die Ernsthaftigkeit und den Hintergrund des Anliegens des Synodalen Weges nicht verstanden haben. Wenn Kardinal Woelki im Interview äußert, dass es für ihn schon eine schlimme Befürchtung eingetreten ist, wenn Bischöfe und Lai*innen gemeinsam in die Kirche einziehen und für ihn darin „zum Ausdruck gebracht wird, das da jeder gleich ist“ und das dies „die Kirche nicht ist und meint“ offenbart er damit nur, dass er sich in der Rolle eines Bischofs hierarchisch auf einer anderen Ebene sieht als die Lai*innen in der Kirche. Er führt damit allen vor Augen, wie stark die Machtstrukturen der Kirche wirken. Er verteidigt mit seiner Kritik die Strukturen, die Missbrauch zulassen und fördern, ohne dies zu hinterfragen. Durch seine falsche Behauptung, nicht alle konnten reden und die Anträge dieser kleinen Gruppe in der Synodalversammlung wurde versucht den Synodalen Weg von Anfang an zu manipulieren und zum Scheitern zu bringen. Es ist absurd, dass Kardinal Woelki als Bischof in einer Täterorganisation behauptet, dass ihm durch Machtausübung Rechte abgesprochen wurden. Dies ist eine unzulässige Umkehr des Machtbegriffes der katholischen Kirche, denn er ist doch in der machtvollen Position und versucht diese mit allen Mitteln zu sichern. Ich hoffe, dass er und die anderen Uneinsichtigen, geleitet durch den Geist Gottes, erkennen, dass Veränderungen dringend notwendig sind, um Kinder und Jugendliche in unserer Kirche einen Schutzraum zu bieten und dass diese Veränderungen nur gemeinsam erarbeitet werden können.
4. Für welche Anliegen wollen Sie sich beim Synodalen Weg einsetzen?
Ich möchte mich dafür einsetzen, dass der Grund des Synodalen Weges nicht aus dem Blick geriet. Er ist notwendig, weil Menschen in der katholischen Kirche Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben und dies durch Strukturen und veraltete „Glaubenssätze“ begünstigt wird. Wir müssen eine Kirche schaffen, die Menschen schützt, die Menschen als freie und selbstbestimmte Menschen ansieht und dies fördert, die dadurch den Menschen das Evangelium verkündet. Ich bin überzeugt, dass diese Veränderungen geschehen können und möchte alle Beteiligten Mut zusprechen, sich auf das Kommende einzulassen und unerschütterlich im Geiste Gottes zu handeln.