Beschluss

"Zur Erziehung des Kindes braucht es ein ganzes Dorf" - Kirche als Partner in Erziehung und Bildung

BESCHLUSS

Beschluss der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin am 17. November 2007„Zur Erziehung des Kindes braucht es ein ganz es Dorf “(afrikanisches Sprichwort) – Kirche als Partner in Erziehung und Bildung

 


Die Vollversammlung des Diözesanrates hat mehrheitlich folgendes Positionspapier beschlossen
und bittet die Bistumsleitung sowie die Pfarrgemeinden und die katholischen Verbände,
sich die entsprechenden Positionen zueigen zu machen und ggf. konkrete Forderungen
umzusetzen:


Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin bekennt sich zum christlichen Verständnis
von Familie. Pflege und Erziehung der Kinder sind daher das natürliche Recht der Eltern
und die in erster Linie ihnen obliegende Pflicht. Zugleich stellt der Diözesanrat fest, dass Erziehung
nicht nur zu Hause, sondern an vielen Lebensorten der Kinder und Jugendlichen
stattfindet und stattfinden muss. Pfarrgemeinden, Verbände, Schulen und Kindertagesstätten
tragen insoweit eine besondere Verantwortung.

1. Lebendiges kirchliches Leben findet nicht nur in Gemeinden statt, sondern auch dort, wo Kinder und Jugendliche ihren Alltag leben: an Kindertagesstätten und Schulen. Katholische Kitas und Schulen sind daher für viele Kinder, Jugendliche und deren Familien der erste Erfahrungsort von Kirche.

  • Alle Bemühungen, Kitas und Schulen als Erfahrungsort von Kirche erlebbar zu machen, sind vom Erzbistum und den Gemeinden ausdrücklich zu unterstützen.
  • Die Pädagoginnen und Pädagogen in katholischen Kitas und Schulen des Erzbistums werden aufgefordert, innovative Ideen und Konzepte aufzugreifen und entsprechend der eigenen Zielsetzung weiterzuentwickeln.

2. Zwischen den Eltern und den Erziehenden einer kirchlichen Bildungseinrichtung besteht eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Sie teilen die Verantwortung für die Förderung der kindlichen Entwicklung. Eltern brauchen aber gemäß dem afrikanischen Sprichwort in ihren vielfältigen Aufgaben Unterstützung. Die Kitas haben hier eine besondere Verantwortung, da sie durch den direkten Kontakt zu den Kindern und deren Familien niedrigschwellige Angebote machen können.

  • Die Kitas sollen sich weiter gegenüber den Familien öffnen und mit ihnen zum Wohle der ihnen anvertrauten Kinder zusammenarbeiten.
  • Um gezielter Hilfe anbieten zu können und handlungsfähiger zu werden, sollen unterstützende Angebote für Kinder und Familien gebündelt und vernetzt werden und in den Kitas angeboten werden, z. B. Sprechstunden der Erziehungsberatung und Angebote zur Familienbildung. Die Fachstellen der Caritas sollen die Kitas in diesen Bemühungen unterstützen.
  • Eltern sollen in ihren Fähigkeiten und Kompetenzen bei der Erziehung ermutigt und gestärkt werden, ggf. durch spezielle Programme wie „Kess erziehen“.
  • Eltern und Kinder in schwierigen Lebenssituationen sollen in unseren Einrichtungen besondere Unterstützung erfahren.
  • Das Zusammenleben von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien aus verschiedenen Kulturen, Schichten und Milieus soll in kirchlichen Einrichtungen stärker gefördert werden.

3. Die Kirche im Erzbistum Berlin soll weiterhin Schulen und Kindertagesstätten betreiben,
um Kindern das christliche Menschenbild erfahrbar werden zu lassen und jungen
Menschen auf der Grundlage des christlichen Glaubens eine verlässliche Orientierung
in der modernen Welt zu ermöglichen.

  • Katholische Erziehungs- und Bildungseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft sind zu erhalten und auszubauen.
  • Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen sozialen Schichten und Kulturen soll weiterhin der Zugang ermöglicht werden.
  • An staatlichen Schulen sollen kirchliche Initiativen und Projekte über den Religionsunterricht hinaus entwickelt und erprobt werden.


4. Das Christentum prägt wesentlich den kulturgeschichtlichen Hintergrund unserer Gesellschaft.
Das Kennen und Verstehen der christlichen Wertvorstellungen und des eigenen
Glaubens ist deshalb eine Grunddimension der Bildung. In unserem Erzbistum
hat für Kinder und Jugendliche daher vor allem der schulische Religionsunterricht eine
essentielle Aufgabe.

  • Im Land Berlin soll der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in einer Fächergruppe mit mehreren Unterrichtsfächern religiöser, philosophischethischer und weltanschaulicher Bildung verbunden werden. Im Rahmen dieser Fächergruppe könnten die verschiedenen Überzeugungen und Weltanschauungen, Religionen und Bekenntnisse gezielt miteinander ins Gespräch gebracht werden. Initiativen zur Änderung des Berliner Schulgesetzes wie die Unterschriftensammlung des Vereins „Pro Reli“ sollen in Gemeinden, Kitas und Schulen aktiv unterstützt werden.
  • Angebote zur Vermittlung von religiöser Kompetenz (z. B. in Form von Religionsunterricht an allen staatlichen Schulen) müssen gestärkt und ausgebaut werden.
  • Die religionspädagogische Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern soll gefördert und die Kompetenz zum interreligiösen Dialog in die Aus- und Fortbildung aufgenommen werden. Praxisbezogene Arbeitshilfen müssen dazu entwickelt werden.

5. Gemeinden und Verbände sind von innerkirchlichen und gesellschaftlichen Umstrukturierungen
betroffen. Wir sorgen uns um die Zukunftsfähigkeit von Gemeinden und
Verbänden vor Ort, wenn es Kindern und Jugendlichen nicht mehr möglich ist, hier
soziale und religiöse Erfahrungen zu machen.

  • Gemeinden und Verbände sind ein Ort der Glaubenserfahrung. Im Rahmen der Umstrukturierung sollen die Dekanate Wege suchen, dass Gemeinden und Verbände für Kinder und Jugendliche ein Lebens- und Erfahrungsort in erreichbarer Nähe bleiben können.
  • Aufgrund des langfristigen Trends zur Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen werden Kinder und Jugendliche zukünftig mehr Zeit an diesen Orten verbringen. Die Gemeinden und Verbände werden aufgefordert, diese Entwicklung aufmerksam zu beobachten und die eigenen pastoralen Konzepte in der Kinder- und Jugendarbeit organisatorisch und konzeptuell dahingehend weiterzuentwickeln.