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Als die Laien aktiv wurden

„Entscheiden Sie mit!“: Wahlplakat für die erste Pfarrgemeinderatswahl. | Foto: Diözesanarchiv

„Da war eine große Begeisterung bei den jungen Leuten und große Erwartungen, die sich aus dem Konzil ergaben. Wir hatten die Hoffnung, dass es lebendiger wird!“ Wenn sich Josef Kloppenborg an die Zeit der ersten Pfarrgemeinderatswahlen in West-Berlin erinnert, sprudelt es regelrecht aus ihm hinaus. Er selbst, damals Anfang 30, engagierte sich von Beginn an für die und in den neuen Laiengremien.

Freudig das Zweite Vatikanum verfolgt
Die jungen Leute, erinnert sich Kloppenborg, verfolgten freudig die Ereignisse des Zweiten Vatikanischen Konzils und lasen gemeinsam die Texte. Im Dekret über das Laienapostolat hatte das Konzil angeregt, unter anderem in den Pfarreien beratende Gremien einzurichten, „die die apos- tolische Tätigkeit der Kirche im Bereich der Evangelisierung und Heiligung, im caritativen und sozialen Bereich und in anderen Bereichen bei entsprechender Zusammenarbeit von Klerikern und Ordensleuten mit den Laien unterstützen“. Für den Westteil Berlins erließ der Bischof, Alfred Kardinal Bengsch, am 13. Juni 1968 die Satzung der Pfarrgemeinderäte (PGR). Darin war vorgesehen, dass ein Teil der Mitglieder direkt von der Gemeinde gewählt werden sollte. Zugleich bestimmte der Bischof die Wahlordnung und setzte die erste Wahl auf den 16. März 1969 fest.

Josef Kloppenborg erzählt: „Wir bildeten eine Gruppe, die in den Gemeinden vor den Gottesdiensten mit Zustimmung des Pfarrers Einführungen in das Dekret über das Laienapostolat, in Aufgaben und Zusammensetzung der PGR und in die bevorstehenden Wahlen gab, in der Hoffnung, dass die Gemeinen mitmachen.“ Er selbst habe Einführungen in St. Otto in Zehlendorf – seiner eigenen Gemeinde –, Maria Frieden in Mariendorf und St. Richard in Neukölln gehalten.
Bereits vor den PGR gab es Pfarrausschüsse, in die einerseits die Gruppen der Gemeinde Mitglieder entsandten, andererseits der Pfarrer berief. „Die haben dann den ersten Wahlvorschlag zur Diskussion gestellt“, so Kloppenburg. Auch sein eigener Name habe sich auf dieser Liste wiedergefunden. „Für die vier Plätze gab es 17 Kandidaten“, staunt er noch heute: „Daran kann man sehen, welche Aufbruchstimmung damals herrschte.“ Der junge Josef Kloppenborg wurde gewählt und erhielt die meisten Stimmen, wurde dann auch Vorsitzender.

Das neue Gremium in St. Otto nahm sofort die Arbeit auf: „Wir hatten Arbeitskreise, die sich mit der Gestaltung der Gottesdienste beschäftigten, und für Familie, Jugend und Soziales.“ Außerdem sei eine Helferkartei erstellt worden. Dabei lobt Kloppenborg ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit dem Pfarrer: „Für den war das ja auch alles neu.“ Die Haltung der Laienvertreter beschreibt er: „Wir haben uns als Teil der Kirche und für sie verantwortlich gefühlt. Wir wollten etwas für unsere Gemeinde tun.“ Spätere PGR hätten dann auch „über den Tellerrand geschaut“ und ökumenische Beziehungen aufgenommen.
Neu war für den frisch gebackenen PGR-Vorsitzenden, als Laie die Initiative zu ergreifen: „St. Otto war ja als Gemeinde aus Herz Jesu ausgegliedert worden. Wir hatten kein Gemeindezentrum.“ Als Kardinal Bengsch in die Gemeinde zur Firmung kam, habe er ihn kurzerhand auf den Bedarf angesprochen. Der Kardinal sorgte dann dafür, dass die Gemeinde die benötigten Räume bekam.
Im Ostteil des Bistums hatte es seit 1967 Laienräte „ad experimentum“ (deutsch: versuchsweise) gegeben. Die ersten PGR wurden hier 1970 nach einer eigenen Ordnung gewählt. Bernd Streich war damals Jugendvertreter im PGR von Heilige Familie in Berlin-Prenzlauer Berg. Der heutige Diözesanratsvorsitzende erinnert sich vor allem „an viele Menschen, die engagiert diskutiert haben“. Oft sei es bis ins kleinste Detail gegangen, zum Beispiel bei der Frage: „Welche Schlüssel zu den Gemeinderäumen soll die Pfarrjugend bekommen?“

Mit den Klerikern in den Synoden gewirkt
Über die PGR hinaus berieten die Laien in Dekanatsräten, im West-Diözesanrat und weiteren Räten. Sie waren Mitglieder im Pastoralrat, dem Beratungsgremium des Bischofs. In den Jahren 1971 bis 1975 wirkten Laien-Delegierte aus Gemeinden in West-Berlin an der Würzburger Synode, aus dem Ostteil des Bistums an der Pastoralsynode in Dresden gemeinsam mit Klerikern. Nach der Wende gab es zunächst zwei Diözesanräte, die dann zusammengeführt wurden.
Die Aufbruchstimmung vom Anfang ist nach 50 Jahren nicht mehr immer präsent, die Mitarbeit der Laien zur Selbstverständlichkeit geworden. Josef Kloppenborgs ursprüngliche Hoffnung, dass es „lebendiger“ wird, sieht er im Rückblick weder ganz erfüllt noch ganz enttäuscht, „eher dazwischen“: „Aber ich habe den Eindruck, dass unser PGR in Herz Jesu bis heute sehr aktiv ist.“

Tag des Herrn - Cornelia Klaebe (13.03.2019)
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