Ökumenischer Pfingstbrief 2020
Liebe Schwestern und Brüder,
in diesem Jahr werden Feste anders gefeiert, sowohl im privaten wie im gesellschaftlichen Bereich. Pfingsten - der Geburtstag der Kirche - ist davon auch betroffen. Waren beim Ursprung des Pfingstfestes viele Menschen freudig erregt versammelt, so werden wir dieses Jahr Pfingsten entschleunigt in kleinen Gottesdiensten, kleinen Zusammenkünften oder auch digital begehen.
Doch die Botschaft von Pfingsten bleibt: Jesus ist auferstanden und sein Geist wirkt in der Welt. Der Geist ermutigt und stärkt. Er lädt uns ein in Bewegung zu sein, auch wenn wir - wie in Corona-Zeiten - nur eingeschränkt unterwegs sein können. Der Geist ruft uns zur Umkehr und zum lebendigen Zeugnis in der Welt. Die muss nicht durch Stimmengewirr geschehen, aber schon in den vielen Sprachen, die auch in unserem Land gesprochen werden.
Ein Bild für Pfingsten sieht so aus: Jeder Mensch, so wie er eine Muttersprache spricht, hat auch eine "Muttersprache des Glaubens", mit der er aufgewachsen ist. Der eine ist in einer orthodoxen, der zweite in der katholischen, der dritte in einer evangelischen Tradition aufgewachsen und hat jeweils bestimmte Riten mit der Muttermilch aufgesogen und in sein Glaubensleben integriert. Um die Einheit in Christus zu erreichen, sollten wir alle "mehrsprachig" werden, also die jeweils anderen mit ihren "Muttersprachen" verstehen lernen. Und wir müssen unsere Glaubenssprachen so anwenden, dass sie leicht verständlich werden für alle, die auf der Suche sind. Denn der Geist hilft zur Erkenntnis, dass wir vor Gott schließlich eins sein werden. So können Christinnen und Christen unterschiedlicher Konfessionen Formen ökumenischer Spiritualität und Wege hin zu einer gemeinsamen Identität suchen und finden.
Wir sind auf dem Weg zum 3. Ökumenischen Kirchentag, der im nächsten Jahr in Frankfurt/Main unter dem Leitwort "schaut hin" (Mk 6,38) steht. Auf diesen Kirchentag – wie immer wir ihn feiern können - richten sich wieder viele Hoffnungen der Christinnen und Christen. Hierzu gehören der Wunsch nach einer sichtbaren Einheit der Kirchen und die ehrliche Sehnsucht nach dem gemeinsamen Abendmahl. Diese Sehnsucht nach der Einheit am Tisch des Herrn teilen wir. Wir wissen, Ökumene kann ein Stück Pfingsten sein und erlebbar machen, bei gemeinsamen ökumenischen Gottesdiensten, am besten - wie im Ursprung - auf den Plätzen in unserer Stadt, in unseren Orten, inmitten aller Menschen. Dazu ermutigen wir immer wieder. Im Kirchentagspsalm 119 heißt es "Öffne mir die Augen, dass ich schaue die Wunder deiner Weisung". Nehmen wir dies als Bitte und Hoffnung auch für das diesjährige Pfingsten und Vertrauen auf das Wirken des Heiligen Geistes. Komm Heiliger Geist, der lebendig macht, mit Deiner Kraft, die uns verbindet.
Ein gesegnetes und geistvolles Pfingstfest!
Sigrun Neuwerth (Präses der Landessynode) & Bernd Streich (Vorsitzender des Diözesanrates)