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Die Gelegenheit nutzen

Fischbowl-Diskussion mit Prof. Dr. Christine Funk, Matthias Bröckl und Dr. Christoph Lehmann zum Religionsunterricht.

Die Vollversammlung tagt in der Aula der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB).

Die Vollversammlung tagt in der Aula der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB).

Quelle: Schilde, Stefan (10.03.2024): Die Gelegenheit nutzen, in: Tag des Herrn, Jg. 74, Nr. 10, S. 10.

Religionsunterricht und der Umgang mit Rechtspopulismus – diese Schwerpunkte setzte der  Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin bei seiner Frühjahrsvollversammlung in der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB).

„Reli“ kein Ersatz für Katechese in Gemeinden

Er begrüße, schrieb der Diözesanrat in seiner Mitteilung, „dass die Berliner Koalitionsparteien die Einführung eines Wahlpflichtfaches Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach anstreben“. Mehrere Referenten, die unter anderem mit der Ausbildung der Lehrkräfte im Erzbistum befasst sind, darunter KHSB-Professorin Christine Funk und Mathias Bröckl, Leiter für Religionspädagogik im Erzbischöflichen Ordinariat, gaben bei der Vollversammlung ihren Blick auf Aufgaben von Religionsunterricht.

Es wurde deutlich, dass er nicht die pastorale, katechetische Arbeit in den Gemeinden ersetzen kann und soll“, sagte Marcel Hoyer, Geschäftsführer des Diözesanrats. „Es geht eher darum, sich den Antworten auf die Fragen anzunähern, die junge Menschen an die Welt haben.“ Eine klassische religiöse Sozialisation könne deshalb auch bekenntnisorientierter Religionsunterricht nicht ersetzen – wohl aber nicht-christlichen Schülern bisher ungekannte Impulse geben.

Hoyer verweist auf das langjährige evangelische und katholische Engagement, gerade auch von Laien, für den Religionsunterricht. „Unser Mitglied Christoph Lehmann, der seinerzeit schon die  Pro Reli-Kampagne initiiert hatte, betonte, dass das Zeitfenster genau jetzt günstig offen steht und wir die Gelegenheit beim Schopfe packen müssen.“

Doch bisher hakt es bei der Umsetzung. Deshalb will der Diözesanrat seine Bemühungen verstärken. „Der Religionsunterricht muss zeitnah Eingang in das Schulgesetz finden. Dafür wollen wir auch vorhandene Kontakte in die Politik nutzen.“ Ziel sei, das Fach Religion langfristig in der Berliner Schullandschaft zu etablieren.

Dafür will der Diözesanrat die Mitverantwortung der Kirche im Blick behalten. Auch diese – nicht nur das Land Berlin – habe etwas beizusteuern – „vor allem gut ausgebildete Religionslehrkräfte“, sagt Marcel Hoyer. Das Problem: Vom grassierenden Lehrermangel bleibe auch der Religionsunterricht nicht verschont.

AfD: Diözesanrat will zweigleisig fahren

Das zweite Hauptthema war die Sorge um das Erstarken rechtspopulistischer Parteien. „Intensiv“ sei über die Erklärung der ostdeutschen Diözesan- und Katholikenräte diskutiert worden. In der hatte es geheißen: „Wir leisten Widerstand gegen rechtsextreme Haltungen, die die Menschenwürde verletzen und dem Grundgesetz widersprechen.“

„Dort, wo Menschen in ihrer Würde angegriffen werden, wo diskriminiert und gehetzt wird, wo versucht wird, die Demokratie zu diskreditieren und wo autoritäre Gedanken verbreitet werden, müssen wir uns als Christinnen und Christen deutlich distanzieren“, sagte Karlies Abmeier, Vorsitzende des Diözesanrats.

Mit einer eigenen Veranstaltungsreihe will der Diözesanrat mit dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin vor den Wahlen für das Europaparlament und den brandenburgischen Landtag und die Kommunen „möglichst viele Menschen vor Ort sensibilisieren und für die Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit stärken“.

Im Umgang mit der AfD will der Diözesanrat zweigleisig fahren. „Zu den AfD-Wählern dürfen wir die Gespräche nicht abreißen lassen“, sagte Marcel Hoyer. Von den Parteifunktionären hingegen wolle man sich distanzieren, auch in kirchlichen Gremien hätten diese „nichts zu suchen“.

Nicht in Frage, so gibt Hoyer den Tenor der Vollversammlung wieder, käme jedoch, AfD-Politiker vom Gottesdienst auszuschließen. „Um einen Ausschluss von seelsorgerischen Angeboten geht es nicht. Auf diese Grenzlinie muss man sich, glaube ich, auch verständigen.“

Von Stefan Schilde, Mit freundlicher Genehmigung der Kirchenzeitung TAG DES HERRN. www.tag-des-herrn.de, Alle Rechte vorbehalten. © St. Benno-Verlag, Leipzig.