PRESSEMITTEILUNG
Diözesanrat fordert tabulose Aufarbeitung und Kulturwandel in der katholischen Kirche
Tausende sind von sexuellen Übergriffen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige betroffen. Diese Tatsache erschüttert seit Jahren die Kirche und die Öffentlichkeit. Die jetzt veröffentliche MHG-Studie belegt das Ausmaß des Missbrauchs. Die Ergebnisse beschämen uns und fordern uns als katholische Christinnen und Christen im Erzbistum Berlin heraus.
Wir stehen an der Seite der vom Missbrauch Betroffenen. Sie müssen jede notwendige Hilfe erhalten.
Wir unterstützen die Bemühungen unserer Bistumsleitung, aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen. Diesen Prozess werden wir konstruktiv und kritisch begleiten. Wir wissen, dass in den letzten Jahren in unserem Erzbistum eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Missbrauch und insbesondere der Präventionsarbeit stattfindet. Dies muss fortgeführt und intensiviert werden. Die MHG-Studie macht zugleich unmissverständlich deutlich, dass innerkirchliche Strukturen Missbrauch und dessen Vertuschung begünstigen.
Es ist daher unabdingbar
- endlich eine Debatte über asymmetrische, männlich dominierte Machtstrukturen innerhalb unserer Kirche zu führen,
- den Schutz der Betroffenen bedingungslos über den der Reputation der katholischen Kirche oder von Klerikern zu stellen,
- die strukturelle Verfasstheit unserer Kirche dort zu verändern, wo sie Missbrauch begünstigt oder nachhaltige Aufarbeitung verhindert.
Wir wollen als Christinnen und Christen ein Klima der Offenheit und des Vertrauens auf allen Ebenen kirchlichen Handelns fördern.
Dazu ist notwendig
- vor Ort in den Pfarreien und Gemeinden, in den Einrichtungen und Verbänden die Themen Machtgefälle und Sexualität nicht zu tabuisieren,
- in jeder Pfarrei und jeder Einrichtung ein Schutzkonzept zu entwickeln, bekannt zu machen und Präventionsbeauftragte zu benennen,
- selbst wache Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu sein, in unseren eigenen Gemeinden hinzusehen und hinzuhören,
- zu erkennen, dass alle Menschen, auch Priester, sündige Menschen sein können und ohne Ansehen der Täterperson jeden Missbrauchsverdacht zu prüfen.
Eine neue Kultur ist in unserer Kirche nötig, die keinen Klerikalismus mehr kennt und synodale Strukturen ausbaut. Die gemeinsame Verantwortung aller Christinnen und Christen für die Kirche, für die Glaubensweitergabe und für ein glaubwürdiges Zeugnis des Evangeliums ist Bestandteil diese Kultur. Dabei müssen auch Zukunftsfragen wie die Beteiligung von Frauen in Entscheidungsprozessen, Sexualmoral und zölibatäre Lebensform diskutiert werden. Um als katholische Kirche weiter glaubwürdig handeln zu können, muss dem Eingeständnis von Schuld wirksame, auch strukturelle, Veränderung folgen.
Berlin, 25. September 2018
Bernd Streich
Vorsitzender des Diözesanrates