Information über den Verlauf der Diskussion und die Abstimmung über den Antrag „Unterstützung Marsch für das Leben“ bei der Vollversammlung des Diözesanrates am 13. Mai 2017
Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin hat auf seiner Vollversammlung am 13. Mai 2017 das Thema: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ ausführlich beraten und dazu einen Beschluss befasst. Darüber hinaus standen folgende Anträge aus Sachausschüssen des Diözesanrates zur Beratung an:
- „Geflüchtete unterstützen – Integration fördern: Ermutigung und Orientierung durch den Diözesanrat im Erzbistum Berlin“
- „In Christus verbunden: Ökumenisch Kirche sein im Erzbistum Berlin“
Von Mitgliedern der Vollversammlung des Diözesanrates wurden Anträge eingebracht zu den Themen:
- „Katholische Theologie in Berlin stärken“
- „Unterstützung Marsch für das Leben“.
Zu den erstgenannten Anträgen wurden Beschlüsse gefasst, die auf der Internetseite des Diözesanrates www.dioezesanrat-berlin.de abrufbar sind. Der Antrag „Unterstützung Marsch für das Leben“ wurde von der Vollversammlung des Diözesanrates klar abgelehnt.
Der Antrag „Unterstützung Marsch für das Leben“ hat folgenden Wortlaut:
„Die Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin setzt sich für den Schutz des menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Ende ein. Euthanasie, genetische Selektion, das Töten von Menschen lehnen wir ab.
Die Vollversammlung unterstützt daher ausdrücklich den überkonfessionellen und überparteilichen Marsch für das Leben am 16. September 2017 in Berlin und ruft die Gläubigen des Erzbistums Berlin zur Teilnahme daran auf. Die Priester des Erzbistums bitten wir in Vermeldungen auf den Marsch für das Leben hinzuweisen und die Gläubigen im Gebet für die Anliegen des Marsches zu unterstützen.“
In der Diskussion dazu gab es eine Gegenrede mit folgendem Inhalt:
„Das hier zur Rede stehende Anliegen hat einen ernsten Hintergrund. Es lässt niemand kalt, dass in Deutschland knapp 100.000 Kinder abgetrieben werden. Und auch wenn aktuell ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist, so kann und darf diese Situation nicht kommentarlos hingenommen werden, sondern bedarf, wie etwa der Umgang mit der immer ausgefeilteren Pränataldiagnostik, einer kritischen und öffentlichen Diskussion. Dabei sind ethische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Aspekte des Themas zu beleuchten und auch die Beweggründe der Frauen und Männer zu verstehen, die sich gegen ihr Kind entscheiden.
Ein erheblicher Teil der Befürworter des Marsches für das Leben lassen meines Erachtens diese differenzierte Auseinandersetzung mit einem komplexen Thema vermissen. So wird bspw. weder die Not von Frauen nach Vergewaltigung und bei lebensgefährdenden Schwangerschaften in den Blick genommen noch die schwierige Debatte zur Sterbehilfe bzw. die Abwägung zwischen dem freien Willen eines Menschen und dem Schutzanliegen der Gesellschaft. Aus gutem Grund gilt Suizid in Deutschland nicht mehr als Straftatbestand!
Lebensrecht und Würde sind allen Menschen gegeben, dem ungeborenen Kind genauso wie der werdenden Mutter, dem werdenden Vater. Eine gegenseitige Aufrechnung verbietet sich genauso wie ein Ignorieren des Leidens der Betroffenen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass es engagierte Katholikinnen und Katholiken nicht zuletzt aus dem Erzbistum Berlin waren, die mit der Gründung von donum vitae dafür kämpften, dass die betroffenen Menschen in ihrer Not nicht allein gelassen werden. Eine Stigmatisierung der Frauen kann genauso wenig im Ansinnen des Diözesanrates sein wie eine Verkürzung oder gar Radikalisierung in der sicherlich immer wieder neu notwendigen Auseinandersetzung mit diesen Fragen. Der Marsch für das Leben versammelt aber leider nicht wenige Menschen, die genau dies tun.
Ich beantrage deshalb, den Antrag in der vorliegenden Form abzulehnen und das Thema in unsere Sachausschüsse zur weiteren Bearbeitung zu überweisen.“
Nach der Aussprache erfolgte die Abstimmung über den Antrag. Bei zwei Ja-Stimmen und neun Enthaltungen stimmte die große Mehrheit der Mitglieder der Vollversammlung gegen den vorliegenden Antrag und lehnte ihn somit ab.
Bernd Streich
Vorsitzender