Beschluss

Diözesanrat ruft auf, den Blick zu schärfen - Antisemitismus und 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Seit 1700 Jahren gibt es jüdisches Leben in Deutschland. – In diesem Jahr erinnern wir uns besonders daran, wie sehr jüdische Kultur Deutschland geprägt hat. Wir sind dankbar, dass nach den schrecklichen Ereignissen des Holocaust, nach der Ermordung von sechs Millionen Juden, jüdisches Leben in Deutschland geblieben ist und weiterhin aufblüht, durch Rückkehr, durch Zuwanderung aus der früheren Sowjetunion und durch junge Israelis.

Das Jubiläumsjahr ist ein guter Anlass zur Erinnerung. Viele Projekte greifen die gemeinsame christlich-jüdische Geschichte in Deutschland auf, zum Beispiel

  • die ökumenisch verantwortete Plakatkampagne „#beziehungsweise – jüdisch und christlich: näher als du denkst“ un
  • die „Woche der Brüderlichkeit“ unter dem Thema: „… zu Eurem Gedächtnis: visual history“.

Wir vergessen aber auch nicht und bekennen, welche Bedrohung und Gewalt über viele Jahrhunderte von Christinnen und Christen für Jüdinnen und Juden ausgegangen sind.

Unsere Gesellschaft in Deutschland ist aktuell herausgefordert durch Antisemitismus und Rassismus. Insbesondere der Antisemitismus ist ein aktuelles Problem und verbreitet sich schleichend. Das ist daran zu erkennen, dass antisemitische Übergriffe in den letzten Jahren rapide gestiegen sind sowie Klischees, Vorurteile und Unwissenheit gepflegt werden. Ein Blick in den Alltag macht dies deutlich: Es gibt Terroranschläge, Beschimpfungen, Verschwörungstheorien etc.

Wir wollen keinen Antisemitismus, keinen neuen Nationalismus, keinen Rassismus und keine Fremdenfeindlichkeit. Die Würde aller Menschen ist unantastbar. Wir treten ein für Religions- und Weltanschauungsfreiheit und für alle anderen Menschenrechte.

Das Leitwort des Ökumenischen Kirchentags „schaut hin“ (Mk 6,38) ist die Aufforderung, nicht wegzusehen. Als Diözesanrat, die Vertretung der Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum Berlin, rufen wir auf, den Blick zu schärfen, die Stimme zu erheben und jeder Form von Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten.

Antisemitismus ist mit dem Christentum nicht vereinbar. Er ist eine Leugnung unserer jüdischen Ursprünge. Die Kirchen in Europa haben versprochen, allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten und auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und ihn zu intensivieren.

Wir verpflichten uns:

  • die christlichen Wurzeln des Antijudaismus zu benennen und zu bekämpfen.
  • in unseren Gemeinden und Einrichtungen deutlich zu machen, wie die katholische Kirche heute ihr Verhältnis zum Judentum positiv definiert und gestaltet.
  • im Bekenntnis des einen Gottes und im Bewusstsein der Verantwortung für unsere Geschichte auf die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und die jüdischen Gemeinden und Einrichtungen zuzugehen.
  • Erkenntnisse aus dem christlich-jüdischen Dialog in der Bildungsarbeit und in der Verkündigung im Erzbistum Berlin nachhaltig zu intensivieren.

Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin steht an der Seite der jüdischen Geschwister, indem er aktiv Begegnungen zwischen Mitgliedern beider Religionen fördert und gemeinsame Initiativen unterstützt.

 

Beschlossen von der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin am 13. März 2021 in Berlin.