Meldung

"Warme Luft steigt nach oben". Klimaschutzexperte über Berliner Kirchen und kommende Neuerungen

Berlin (KNA) Das Erzbistum Berlin hat für die energetische Sanierung von Pfarrgebäuden einen Klimaschutzfonds mit 1,5 Million Euro pro Jahr eingerichtet. Ein Experte zu dem Thema ist Wolfgang Plehn. Er ist Mitglied im Diözesanrat der Katholiken des Erzbistums und Vorsitzender des Sachausschuss' "Laudato si". Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt er, warum man Sanierungskonzepte und Immobilienprozesse mit Schöpfungsverantwortung verzahnen sollte.

KNA: Herr Plehn, im Erzbistum gibt es einen Klimaschutzplan, der Ziele und Maßnahmen enthält, die notwendig sind, damit das Erzbistum bis 2040 treibhausgasneutral werden kann. Sie leiten den Sachausschuss "Laudato si" im Erzbistum, der zusammen mit dem Netzwerk "Klimaneutrale Kirche" an der Verwirklichung des Plans arbeitet. Wie ist der aktuelle Stand?

Plehn: Im Erzbistum gibt es den Entwurf "Klimaschutzplan 2040", erarbeitet vom Netzwerk "Klimaneutrale Kirche". Im Netzwerk arbeiten neben namhaften Wissenschaftlern Gemeindemitglieder aus allen Gruppen und Gremien mit. Ursprünglich sollte der Klimaschutzplan bei der Premiere der deutschen Fassung des Kinofilms "The Letter" am 24. April 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Der Film handelt von der Einladung von fünf Menschen aus vier Kontinenten in den Vatikan, die Papst Franziskus berichten, wie sie täglich von der Klimakrise betroffen sind. Ein eindrucksvoller Film, dessen deutsche Fassung bald auch im Internet verfügbar sein wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieses Films hat Erzbischof Koch jüngst eine baldige Veröffentlichung des Klimaschutzplans zugesagt.

KNA: Wie stark werden die Gemeinden miteingebunden in Ihre Arbeit?

Plehn: Hierzu muss ich auf die Entstehung des Klimaschutzplans eingehen. Auf Initiative einer Pfarrei hat im März 2021 die Vollversammlung des Diözesanrates die Bistumsleitung aufgefordert, ein Klimaschutzkonzept vorzulegen. Möglicherweise war dies eine Folge der interessanten Veranstaltungsreihe "Energiesparen in Kirchengemeinden", die der Diözesanrat gemeinsam mit der Bauabteilung über zehn Jahre angeboten hat. Die Veranstaltungen waren immer gut besucht, aber sie konnten offensichtlich keinen ausreichenden Impuls geben, dass viele Pfarreien tätig werden konnten.

Dies hat zumindest bei einigen zu Ungeduld geführt, zumal auch die bereits in den Jahren 2010 und 2011 erarbeiteten Klimaschutzteilkonzepte zwar zu einer Sensibilisierung in den Pfarreien geführt haben, aber nur zu wenigen konkreten Schritten. Dies zeigt, die Pfarreien waren von Anfang an intensiv eingebunden, es fehlte aber ein konkreter Rahmen, wie ihn der Klimaschutzplan 2040 jetzt bietet.

KNA: Von wem kommt der stärkste Widerstand? Was sind die größten Probleme für "katholische Klimaneutralität" in Berlin?

Plehn: Ich würde nicht von Widerstand sprechen, aber es gibt natürlich viele Fragen wie "Wer kann die Pfarreien fachlich unterstützen?" oder "Wie können die notwendigen Maßnahmen finanziert werden?" Der Klimaschutzplan enthält bereits erste Antworten auf diese Fragen: Das Erzbischöfliche Ordinariat hat die Förderung einer Stelle eines Klimaschutzmanagers beantragt.

Es wird in absehbarer Zeit also einen Klimaschutzmanager geben, der interessierte Pfarreien unterstützen kann. Auch zur zweiten Frage ist in dem Klimaschutzplan einiges nachzulesen: Das Erzbistum Berlin hat für die energetische Sanierung einen Klimaschutzfonds mit 1,5 Mio Euro pro Jahr eingerichtet. Damit sollen die Pfarreien unterstützt werden, die energetische Sanierungsmaßnahmen geplant und staatliche Fördermittel beantragt haben.

KNA: Kürzlich meldete die TU Berlin, man habe zusammen mit dem Erzbistum eine Datenbasis für die Instandhaltungs- und Sanierungsplanung von sakralen Gebäuden im Erzbistum entwickelt. Wie bewerten Sie die Ergebnisse? Lassen sie sich mit dem Klimaschutzplan verbinden?

Plehn: Der Diözesanrat ist in dieses Forschungsvorhaben nicht eingebunden, was ich sehr schade finde. Insofern kann ich nur von außen auf die Aktivitäten blicken. Eine Datenbasis für die Instandhaltungs- und Sanierungsplanung von sakralen Gebäuden zu schaffen, ist sinnvoll. Auch im Hinblick auf den Klimaschutz ist bei sakralen Gebäuden Handlungsbedarf. Während bis Mitte des letzten Jahrhunderts Kirchen nicht beheizt wurden, hat sich seitdem die Warmluftheizung in vielen Kirchen etabliert.

Nun sind Kirchen häufig hohe Gebäude und warme Luft steigt nach oben. Das heißt, es braucht längere Zeit und viel Energie, ehe die Wärme bei den Kirchbesuchern ankommt. Auch für die Orgel können schwankende Temperaturen - geheizte Kirche am Wochenende, Abkühlung unter der Woche - Probleme verursachen. Der Klimaschutzplan sieht vor, dass eine Raumheizung von Kirchen vermieden und stattdessen eine Sitzbankheizung installiert werden sollte. Eine Ausnahme könnten für musikalische Gestaltung wie Konzerte genutzte Kirchen sein.

KNA: Im Erzbistum Berlin wurde ein offener Immobilienprozess gestartet, in dem die Umnutzung von Kirchengebäuden und Verpachtungen offensiv angepackt wird. Ein Widerspruch zu den Zielen und Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes?

Plehn: Nein. Ich denke, der Klimaschutzplan ist eine gute Grundlage für einen auch wirtschaftlich gut geplanten Immobilienprozess. Beides ist miteinander verzahnt. Den Klimaschutz erst nach dem Immobilienprozess Anfang der 2030er Jahre in den Fokus zu nehmen, würde viel teurer werden, da alles viel schneller gehen müsste und die Kapazitäten im Baugewerbe noch begrenzter wären.

KNA: Wie macht das eigentlich die evangelische Kirche?

Plehn: Die evangelische Kirche ist hier schon wesentlich weiter. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat im Oktober 2020 ein Klimaschutzgesetz veröffentlicht, das einerseits eine deutliche Abgabe auf die CO2-Emissionen von den Pfarreien fordert und andererseits mit diesen Mitteln die energetische Sanierung der Gebäude in den Pfarreien finanziert. Das Klimaschutzgesetz begleitet demnach parallel den Immobilienprozess, der auch in der evangelischen Kirche weiter erfolgen muss.

KNA: Interessant.

Plehn: An dieser Stelle habe ich eine Anregung: Neben dem Netzwerk "Klimaneutrale Kirche" als Austauschplattform gibt der Diözesanrat auch den Newsletter "Klimaneutrale Kirche" heraus. Der Newsletter informiert alle Interessierten über Neuigkeiten zum Klimaschutz im Erzbistum Berlin und über den Stand des Klimaschutzplans. Ein Newsletter zum Immobilienprozess würde auch hier alle an diesem Prozess Interessierten informieren und Transparenz schaffen.

Von Stefan Meetschen (KNA)

Anmeldung zum Newsletter "Klimanatreula Kirche"