Aus Anlass der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands haben wir das Gespräch mit unserer Vorsitzenden Dr. Karlies Abmeier gesucht. Sie plädiert für einen ganzheitlichen Blick auf das Thema Klimaschutz und skizziert, welche Schritte jetzt im Erzbistum Berlin notwendig sind, um möglichst schnell Treibhausneutralität zu erreichen.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Bilder von der Flutkatastrophe sehen?
Das Ausmaß der Zerstörung ist erschütternd. Innerhalb von kürzester Zeit ist vielen Menschen alles genommen worden. Über 180 Personen haben ihr Leben verloren. Es ist die Zeit, um die Toten zu trauern und möglichst schnell Hilfe vor Ort zu leisten. Das Engagement der vielen Helferinnen und Helfern beeindruckt mich sehr. Ich wünsche mir, dass wir langfristig Lehren aus dieser Katastrophen ziehen. Prof. Edenhofer aus Potsdam hat darauf hingewiesen, dass solche Wetterkatastrophen ein Zeichen dafür sind, dass wir schon mitten im Klimawandel stecken. Neben dem notwendigen Katastrophen- und Bevölkerungsschutz kommt es jetzt darauf an, dass wir den CO2-Ausstoß weltweit möglichst schnell reduzieren. Hier ist auch die Kirche gefragt.
Wie kann sich die Kirche beim Klimaschutz engagieren?
Papst Franziskus hat uns mit seiner Enzyklika „Laudato si‘“ bereits 2015 deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass die Bewahrung der Schöpfung eine Schicksalsfrage aller Menschen ist. Auffallend ist sein ganzheitlicher Blick, der den Klimawandel in Bezug zur weltweiten Armut setzt. Der Papst spricht von einer „universalen Solidarität“. Das ist bemerkenswert, da wir gerade vor der Bundestagswahl im Herbst darüber diskutieren, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in Deutschland zusammenpassen. Hier können wir als Kirche glaubwürdige Gesprächspartner sein, wenn wir unser karitatives Engagement mit eigenen Maßnahmen zum Klimaschutz verbinden.
Was heißt das konkret für das Erzbistum Berlin?
Der Diözesanrat hat sich im März 2021 in einem Beschluss dafür stark gemacht, dass das Erzbistum Berlin ein Konzept entwickelt, wie wir als Katholische Kirche in Berlin, Brandenburg und Vorpommern bis 2040 treibhausneutral werden. Diese Aufgabe duldet keinen Aufschub. Ich wünsche mir, dass wir im Erzbistum Berlin in den Pfarreien, Verbänden und im Ordinariat gemeinsam darüber sprechen, wie wir dieses Ziel erreichen können. Wenn wir öffentlich die Bewahrung der Schöpfung fordern, müssen wir auch selbst aktiv werden – auch wenn es im Einzelfall schwierig und kostspielig ist.
Was entgegnen Sie Menschen, die vor einer Überforderung der Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen durch höhere Kosten warnen?
Die Kosten für unsere Umwelt, die uns anvertraut ist, sind nicht mit Geld aufzuwiegen. Auch wenn es eine schmerzhafte Umkehr ist, halte ich sie für unabdingbar. Und weil das so ist, wünsche ich mir einen gemeinsamen Gesprächsprozess in unserem Erzbistum. Investitionen wie energetische Sanierungen von Gebäuden können sich zum Beispiel langfristig lohnen, wenn die staatliche CO2-Bepreisung weiter steigt und Energiekosten eingespart werden.
Wie engagiert sich der Diözesanrat im Klimaschutz?
Unsere Vollversammlung hat im letzten Jahr einen Sachausschuss mit dem Titel „Laudato si‘“ eingerichtet, in dem sich viele Engagierte mit dem Themenfeld beschäftigen. Hier kann auch die Entwicklung eines Konzepts zur Treibhausneutralität im Erzbistum fachlich begleitet werden. Im September bietet der Sachausschuss eine spannende Uckermark-Exkursion zum Thema „Wasser ist Leben“ an, denn Brandenburg ist eine der trockensten Regionen Deutschlands. Außerdem steht im Oktober die Tagung Energiesparen in Kirchengemeinden auf dem Programm. Wir achten bei unseren Veranstaltungen schon jetzt auf faire Beschaffungswege, verzichten häufig auf Fleisch bei der Verpflegung und drucken weitgehend klimaneutral. Aber ich betone nochmal: Es braucht jetzt ein ganzheitliches Konzept zur Treibhausneutralität für das gesamte Erzbistum Berlin.